Sonntag, 9. Oktober 2016

Goodbye my friend, Forrest Gump!

Du bist nun schon seit über einen Monat fort. Nicht mehr da, einfach weg. Es war der schwerste Gang, den ich bisher gehen musste. Schon einige Wochen vorher war mir übel bei dem Gedanken, dass dieser Tag bald kommen würde, doch schlimmer noch war die Ungewissheit, nicht zu wissen, wann dieser Tag sein würde. Entscheiden zu müssen, wann es der richtige Moment ist. Den Moment zu finden, wann dein Leben nicht mehr lebenswert sein würde.

Du solltest nicht leiden, keine Minute Schmerzen haben, noch einige glückliche Wochen. An diesem einen Tag im Juni, als die Tierärztin mir sagte, dass du einen Tumor im Unterkiefer hast. Es zerriss mir das Herz. Ich konnte vor Traurigkeit nicht atmen. Hatte Angst, nach alternativen zu fragen. Ich konnte dich nicht quälen. Nicht mit Chemotherapie, nicht mit einer Unterkieferamputation. Keine der Optionen war die Richtige. Doch die Eine ließ uns noch ein bisschen Zeit. Ich nahm dich wieder mit nach Hause und weinte den Rest des Tages in dein kuschliges Fell. Wollte dich auf keinen Fall loslassen.


Ich wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Ich dachte nur wir hätten mehr Zeit. Du bist doch erst zehn Jahre, fast elf. Das ist zu früh, das ist unfair. Du bist glücklich, wohlgenährt, aber nicht zu dick. Das ist einfach nicht fair. Jetzt wo wir doch gerade eine richtige Familie geworden sind. Jetzt musst du gehen. Ich konnte es mir nicht vorstellen.


Nicht mehr deinen dicken Bauch kraulen. Nie mehr deine Pfötchen zu streicheln, dass du nie wieder auf meinem Bauch liegst. Kein kleiner Schreihals mehr, der nach Futter ruft. Kein Tapsi mehr, der mir überall hin nachläuft. Kein neugieriger Tiger mehr, der an der Leine durch den Garten stromert. Kein Sonnengott mehr, der sich am Sonntagmorgen auf den Teppich fallen lässt, weil dort gerade die Sonne rein scheint. Kein Schmusi mehr, der jede Minute geschmust werden will. Nie mehr dein schönes Fell betrachten, in deine lieben Augen schauen und dich nie wieder berühren. Das ist einfach nicht fair!


Unser letztes gemeinsames Wochenende verbrachten wir Tag und Nacht zusammen. Schmusten den ganzen Tag. Am Abend erzählte ich dir Geschichten von früher. Wie du, kaum geschlüpft, mir schon mein Herz gestohlen hattest. Wollte nie eine Katze. Doch jedes Mal, wenn ich dich und deine Geschwister besuchte, bist du mir immer hinterher getapst, schliefst auf meinem Schoß ein und wolltest immer von mir gekrault werden.


Mit 12 Wochen bist du dann bei mir eingezogen. Die Fahrt war die Hölle. Wir waren ein Herz und eine Seele. Unser Ritual, immer nach Feierabend ein kleines gemeinsames Nickerchen auf der Couch. Du auf meinem Bauch, in meinem Arm. Du hattest viele Flausen im Kopf und ich unzählige Kratzer. Wir haben getobt, du hast sämtliche Kabel zerbissen, Blumenwasen umgeschmissen und warst nie müde.


Neue Leute waren selten ein Problem für dich. Kinder waren dir nicht geheuer. Lieber mit Fauchen auf Abstand halten. Aber nie hast du gekratzt oder gebissen. Jedenfalls nicht die Menschen, den Inhalt der Handtaschen aber. Ladekabel hatten keine Chance bei dir. Auch ich musste einige neue Kabel in der Zeit kaufen. Doch du warst mein Samtpfötchen. Nasse Haare waren voll dein Ding, Nivea Creme auch, besser waren noch Chips und Würstchen. Mein Gourmet-Katerchen.


Du warst nicht begeistert, als Mäuschen einzog. Sie stiefelte rein, fraß aus deinem Napf und war unbeeindruckt von deinem Fauchen. Ihr Vorteil, der Baby-Bonus. Du warst bald total verliebt. Sie beschützte dich, falls du dich mal wieder in ein Zimmer geschlichen hattest und eingesperrt wurdest. Ihr habt geschmust, euch geputzt und …, ja das auch. Puhh, Gott sei Dank warst du kastriert. Du warst so tapfer, als sie 4 Jahre später wieder auszog. Trennungen sind vor allem für die Kleinen schlimm. 


Autofahren war so gar nicht dein Ding. Und dabei warst du auch mal eine Fernbeziehungs-Pendler-Katze. Ein Jahr hattet ihr das mitgemacht. Oldenburg – Lübeck, Lübeck – Oldenburg, eine Woche hier, eine Woche da. Ihr wart so tapfer. Du warst tapfer, immer.


Ein neuer Mann, ein letzter Umzug und das Familienglück schien perfekt. Mehr als 4 wundervolle Jahre, voller Glück, voller Geborgenheit und voller Liebe für jeden von uns. Jetzt fehlt ein Teil von mir. Mein Baby, den ich großgezogen habe, der gut erzogen war ohne seinen eigenen Kopf dabei zu verlieren. Meinen Aufmunterer, der immer wusste, wann ich ihn besonders brauchte. 


Meinen Schmusetiger, mit dem man einen ganzen Tag einfach nur kuscheln konnte. Mein kleines Pony, der immer durch die Wohnung galoppierte. Mein klein er Schreihals, der immer auf sich aufmerksam machte, egal worum es ging, extra Schmuseeinheiten oder Futternachschub. Mein Gefährte, mit dem man sogar einen Mono-Dialog führen konnte. Du hattest immer eine Antwort, zwar mehr gequakt, als miaut, aber das kann auch nicht jedes Schmusetier.


Du fehlst, jeden Tag. Oft schaue ich in den Flur, ob du vielleicht gerade durch die Tür tapst oder höre ich dich im Flur herumstapfen. Doch dann fällt mir wieder ein, dass du nie wiederkommen wirst. Nie wieder, und doch bist du noch da! Du hast eine schöne und passende Urne bekommen. Bist noch hier und doch nicht mehr da. Ruhe in Frieden mein Herz, ich werde dich nie vergessen. Ich war nie gläubig, auch jetzt nicht und doch hoffe ich, dass du jetzt bei deiner Mama bist und wir uns irgendwann wiedersehen. Ich liebe Dich!





R.I.P. Forri